Rede zur 2./3. Lesung des Nachtragshaushalts 2018_19

Fraktionsvorsitzender der FDP in Neu-Isenburg, Thilo Seipel.
Fraktionsvorsitzender der FDP in Neu-Isenburg, Thilo Seipel. 

Thilo Seipel, Fraktionsvorsitzender

Sperrfrist – Redebeginn. Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln – im Nachtragshaushalt 2018 in Höhe von zusätzlichen 5 Mio EUR, 2019 (vorsichtig geschätzt) in Höhe von zusätzlichen 3,5 Mio EUR – nachdem bereits im Stammhaushalt für beide Haushaltsjahre ein Ansatz von jeweils 73,5 Mio EUR vorgesehen war. Diese Einnahmen sind Ergebnis einer umsichtigen und maßvollen Steuerpolitik, die darauf bedacht ist, kreisweit die niedrigsten Hebesätze aufzuweisen.

Hier wäre es aus unserer Sicht angemessen und auch nur billig, einen Teil der nochmals deutlich angewachsenen Einnahmen aus der Gewerbesteuer direkt an die Bürger zurückzugeben, anstatt sie für konsumtive Zwecke zu verwenden. Übrigens: Bevor nun argumentiert wird, es solle erst einmal die Reform der Grundsteuer abgewartet werden – absolut gesehen wird sich an der Belastung der Bürger im Einzelnen auch nach dem neuen Modell, wie auch immer es aussieht, wohl wenig ändern. Kein Argument also, das einer Grundsteuersenkung entgegengehalten werden kann. Zudem meinen wir, dass man mit diesen Mehreinnahmen ein Stück weit andere Schwerpunkte setzen sollte.

So soll für 2019 für 30 TEUR eine Stadtklimakarte als Teil des integrierten Klimaschutzkonzeptes erstellt werden. Man kann über den Sinn einer solchen isoliert für die Stadt erstellten Karte unterschiedlicher Meinung sein – wir sind nicht überzeugt und meinen, dass die Instandsetzung eines Brunnens für einen vergleichbaren Betrag hier einen echten Mehrwert für die Aufenthaltsqualität in der Stadt geschaffen hätte. Desgleichen haben wir mit den „Smart Benches“ einen Vorschlag gemacht, wie man das Praktische „WLAN-Zugangspunkt“ mit etwas innovativem Schönen hätte verbinden können. Einen entsprechenden Prüfantrag haben wir gestellt. Nun soll für 40 TEUR im Haushaltsjahr 2018 die digitale Dorflinde gepflanzt werden – vor noch nicht allzu langer Zeit wurde ein Antrag der Linken hier abgelehnt – den Mut aber, dieses aber mit Elementen der Stadtbelebung und -verschönerung zu verbinden, finden wir nicht. Hier heißt es dann „was das wieder kostet“ – andererseits sind uns keine Ausgaben für die Unterhaltung unserer jetzt schon hervorragenden Sportstätten zu hoch. Könnte man hier nicht den Schwerpunkt etwas mehr in Richtung Stadtverschönerung verlagern?

Auch beim Thema Jugendtreff im Osten haben wir erneut versucht, Planungsmittel zu beantragen, die Notwendigkeit ist hier in Form einer Drucksache aufgezeigt worden. Doch der Wille hierzu fehlt. Im Haupt- und Finanzausschuss wurde das Argument vorgebracht, wir sollten hier dem wiederbelebten Jugendforum in seiner Willensbildung nicht vorgreifen. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Wo kann man denn bei Planungsmitteln basierend auf den Ergebnissen einer Drucksache von Beeinflussung sprechen? Ganz im Gegenteil: Lassen Sie uns die Planungsmittel als Spielraum für die Ideenbildung des Jugendforums begreifen (ganz nebenbei: Entscheidungen werden immer noch hier gefällt, nicht im Jugendforum, nicht in Schülervertretungen und nicht durch das Centermanagement des IZ – aber dazu später). Und im Übrigen: Ist nicht auch bei dieser Sichtweise bereits ein Bolzplatz, wie im B-Plan vorgesehen, ein Vorgriff auf eine Entscheidung? Ist nicht auch die Einbindung des Planungsbüros Follmann bei der Konstituierung des neuen Jugendforums eine Beeinflussung?

Nicht weiter verfolgt werden anscheinend auch die Pläne für ein Parkleitsystem. Unabhängig, ob man nun eine ganz große Lösung mit dynamischen Schildern oder ein smartes Angebot mit Apps und Sensoren bevorzugt, so sind wir doch der Meinung, dass ein solches System einen echten Mehrwert zu bieten hätte. Nun werden diese Mittel für die „Smart City“ umgewidmet – und drohen unterzugehen. Uns bleibt nur der Funken Hoffnung, dass ein Parkleitsystem auf irgendeine Weise Bestandteil dieser Smart City wird, und nicht nur die Parkraumbewirtschaftung, die wir als Umschreibung für Parkraumverknappung und -verteuerung sehen. Interessant übrigens in diesem Zusammenhang, dass offenbar die Stellungnahme des Managements des IZ – handelt es sich jetzt hierbei auch um Verkehrsplaner? – offenbar Grundlage für politische Entscheidungen bildet. Wir halten das für bedenklich.

Übrigens: Während die Mittel für ein PLS entfallen, schaffen wir für schlanke 192 TEUR sechs stationäre Blitzsäulen an, obwohl zumindest der Standort Neuhöfer Straße aufgrund des deutlich rückläufigen Verkehrsaufkommens fragwürdig erscheint. Wäre hier nicht ein Teilbetrag hiervon sinnvoll für ein System angemessen, um die Verkehrsströme sinnvoller zu leiten und Suchverkehr zu vermeiden, als hier nur den Verkehr zu überwachen?

Auch in Sachen RTW sind die deutlichen Mehrausgaben für die weitere Planung des Vorhabens zu hinterfragen. Gewiss: Die Mittel werden von der Planungsgesellschaft entsprechend den Beteiligungen der einzelnen Gesellschafter zentral abgerufen. Jedoch sind bis heute etliche zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung der RTW in NeuIsenburg nicht geklärt; hier brauchen wir zügig Antworten, um über das Stadtentwicklungskonzept 2030 befinden zu können. Die Bürger müssen Klarheit erhalten, welche Konsequenzen die Planung für die Gestaltung unserer Stadt haben und wie die Umsetzung einer RTW mit allen begleitenden Bauwerken aussehen wird. Leider wurde unser Vorschlag, im Zusammenhang mit einer möglichen Erweiterung der RTW ins Birkengewann über eine Tunnellösung nachzudenken, nicht weiter verfolgt bzw. wurde die Bereitstellung entsprechender Planungsmittel für die Aufnahme dieser Variante ins Arbeitsprogramm der Verkehrsplaner verweigert; eine pauschale Aussage „dies ist nicht bezahlbar“ ohne Quantifizierung der Kosten sowie der Auswirkungen auf die Verkehrsströme reicht uns nicht.

Wir hatten uns zu Beginn der Legislaturperiode das Ziel gesetzt, den Haushalt zu konsolidieren, wobei Einnahmen- und Ausgabenseite gleichermaßen betrachtet werden sollten. Die Einnahmenseite wurde – auch zu Lasten der Grundeigentümer und Mieter – erhöht und entwickelt sich dank der Gewerbesteuereinnahmen nunmehr deutlich positiver als erwartet. Die Mehreinnahmen werden jedoch vollständig absorbiert – mit Ausnahme eines kleineren Anteils, der den Rücklagen zugeführt wird, zu nachhaltigen Sparanstrengungen kommt es jedoch nicht (das seinerzeitige Ziel, Personalkosteneinsparungen in Höhe von 1 % der Ansätze – übrigens durch Organisationsreformen! – zu generieren, wurde ja wohl auch verfehlt, so wie es der Haushalt suggeriert). Diese Signale halten wir für bürgerfern und das Verfehlen nachhaltiger Sparmaßnahmen letztlich für verheerend, wenn aufgrund konjunktureller Änderungen oder unternehmerischer Entscheidungen die GewSt einbrechen sollte. Dem Stammhaushalt haben wir noch mit großen Hoffnungen zugestimmt – dem Nachtragshaushalt müssen wir nun unter den veränderten Prämissen die Zustimmung verweigern.

Vielen Dank.

Thilo Seipel