Straßenbahn passt nicht in die Zeit

29.05.2020
Straßenbahn an der Waldbahnstation
Straßenbahn an der Waldbahnstation

Freie Demokraten beziehen Stellung zu den Neu-Isenburger Grünen

Das Lob der Grünen für die Prüfung einer Straßenbahnverlängerung durch Neu-Isenburg kommentiert Jörg Müller, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Mitglied im Bau- und Verkehrsaus­schuss wie folgt: „Prima, dass es noch solche Visionäre gibt, wie die Grünen, allein die Erfolgsaussichten, dass es wirklich mal dazu kommt, tendieren inzwischen gegen Null“.

Dabei gäbe es auch gute Gründe, warum man dieses Projekt am besten erst gar nicht weiterverfolgen sollte, so Müller. Vor allem die Überforderung der Stadt mit einer weiteren Großbaustelle über 5 bis 10 Jahre zu Lasten der dortigen Anwohner, aber auch das Ende etlicher Einzelhändler entlang der Frankfurter Straße durch viel Lärm, Dreck und eingeschränkten Publikumsverkehr während der Bauphase, sprächen dagegen. Beste Beispiele hierfür seien in Frankfurt die Eckenheimer Landstraße und das Europaviertel durch die dortigen ÖPNV-Projekte. Auch müssten sich die Grünen und indirekt auch ihr größter Unterstützer in der Sache, Bürgermeister Hunkel, einmal fragen lassen, wie Neu-Isenburg ein solches weiteres Mammutprojekt überhaupt stemmen kann. Die RTW, das Birkengewann und das Stadtquartier Süd machen ja bereits weite Teile des Stadtgebiets über Jahre zu Problemzonen in puncto Verkehr und würden auch die Stadt erhebliche Eigenmittel kosten, am Ende in hoher zweistelliger Millionenhöhe.

Jörg Müller, stellv. Fraktionsvorsitzender der FDP Neu-Isenburg
Jörg Müller, stellv. Fraktionsvorsitzender der FDP Neu-Isenburg

Angesichts des gerade berichteten Gewerbesteuerausfalls von voraussichtlich rund EUR 30 Mio durch die Corona-Krise allein in 2020 und des Einstiegs in eine nie dagewesene Neuverschuldung sei es schon sehr waghalsig, jetzt noch ein weiteres Großprojekt „Straßenbahnverlängerung“ hier draufpacken zu wollen, so Müller. Die CDU hat hier jahrelang – auch in der „Tansania-Koalition an der Seite der FDP – berechtigte Skepsis gezeigt, müsse sich aber wohl leider der Koalitionsräson beugen.

Die FDP sieht ferner auch ein durch die Krise nachhaltig verändertes Mobilitätsverhalten der Mitbürger, mit einer selbst in der Zeit nach Corona dauerhaft niedrigeren Nachfrage nach ÖPNV-Angeboten. Der Trend zum Home Office oder „Flex-at-work“, also ortsunabhängigen digitalen Arbeitswelten, dürfte weiter anhalten, da Unternehmen jetzt mit der Krise als Katalysator erst einmal positive Erfahrungen damit gemacht hätten. Auch werde der Online-Handel weiter zu Lasten des klassischen Einzelhandels wachsen, wer solle dann eigentlich noch die Straßenbahn in der Frankfurter in großem Stil nutzen, fragt die örtliche FDP-Fraktion.

Fraktionschef Thilo Seipel
Fraktionschef Thilo Seipel

Jörg Müller schließt mit den Worten: „Lassen Sie uns alle gemeinsam an einem sinnvollen und zukunftsfähigen Verkehrsmix für Neu-Isenburg arbeiten. Dazu zählen die RTW als neue ÖPNV-Ost-West-Achse in einer vernünftigen Ausbauvariante bis zur Stadtmitte, um hier Bürger zu ermuntern, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen, aber auch der Individualverkehr, der gerade in Zeiten von Corona durchaus wieder eine Renaissance erlebt, da Menschen zunehmend sich der Infektionsrisiken in öffentlichen Verkehrsmitteln bewusst wurden.“ Um hier gleich den Grünen den reflexartigen Hinweis „Autofahrerpartei FDP“ zu ersparen: „Mit Individualverkehr meinen wir auch den Rad- und Fußgängerverkehr“, ergänzt Thilo Seipel, FDP-Fraktionsvorsitzender abschließend.